10. Nina-Hess-Turnier 2003
Als Wosik mit dem Senf kämpfte
GIESSEN Karsten Zipp . Auf dem Fußweg zur Sporthalle kicken zwei Kinder mit einem Tischtennisball. Ziemlich geschickt sogar. Neben der Eingangstür steht ein Pavillonzelt aus dem der Duft gegrillten Fleischs strömt. Davor steht ein junger Mann im Sporttrikot, der verzweifelt darum bemüht ist, seine Bratwurst zu verspeisen, ohne sich mit Senf zu bekleckern. Eine Sommeridylle. Ein Moment der Ruhe. Die Ruhe neben dem Sturm. Denn in der Wiesecker Sporthalle am Ried herrscht an diesem Samstag das organisierte Chaos. Mehr als 280 Tischtennis-Spieler ermitteln am Haupttag des 10. Nina-Hess-Gedächtnisturniers ihre Sieger. Ein Rekord. So viele waren es in all den Jahren noch nie an einem Tag, berichtet Günther Teigler, der die
Anmeldungen entgegennimmt.
Und dem Mann, der das Chaos auch an diesem Tag mit Handy und Computer ebenso
verzweifelt wie geschickt organisiert, läuft in der schwülen Hallenatmospähre der Schweiß durchs Gesicht. Doch zwischen einemHandy-Gespräch, ein paar Anweisungen an die Helfer und einem langen Blick auf den Zeitplan weiß Jürgen Boldt noch Rat. "Der Torben müsste jetzt Zeit
haben", sagt der Turnierorganisator und Abteilungsleiter des Gießener SV.
Der Torben heißt Wosik mit Nachnamen. Der Torben ist der amtierende Vize-Europameister. Und der Torben ist der junge Mann, der vor der Halle mit seiner Bratwurst kämpft. Immer noch. Und unter erschwerten Bedingungen. Denn mittlerweile muss er mit seiner noch freien Hand einem jungen Fan ein Autogramm auf das Trikot schreiben. Aber auch das gelingt schließlich.
Und mit einem Lachen auf den leicht Fett verschmierten Lippen geht der Nationalspieler wieder in die Halle. So etwas nennt sich Stars zum Anfassen.
Und die gibt es wirklich noch. Zumindest im Tischtennis. Zumindest einmal im Jahr in Wieseck beim größten heimischen Turnier. Während Wosik mit Bratwurst und Autogramm-Schreiben ganz gut fertig geworden ist, kann er an diesem Tag den Kampf mit der Konkurrenz nicht bestehen. Im Halbfinale scheitert er an dem Chinesen Xio-Jun Goa (Anm.: korrigiert von gsvTT.de). Dieser wiederum unterliegt im Endspiel dieser Herren-S-Klasse dem Nationalspieler Thomas Keinath. Und der wiederum muss tags darauf vielleicht auch von einer langen Party-Nacht geschwächt in der
Konkurrenz der Herren-A Zhi Wang den Vortritt lassen. Das Gießener Turnier ist eben keine Showveranstaltung. Kein Selbstläufer für einen Ausnahmespieler. Nicht einmal für einen Vize-Europameister. Vielleicht kommt Wosik aber auch deshalb so gerne nach Gießen.
Bereits zum dritten Mal nimmt er an der Veranstaltung teil. "Ich habe einen guten Kontakt zum Jürgen Boldt", lautet die Erklärung des ebenso lockeren wie intelligenten Spielers aus Frickenhausen. Dort ist er zugleich auch als Manager tätig.
525 TeilnehmerTurnier-Manager Jürgen Boldt hingegen ist am Sonntagabend wieder entspannt. Nach drei Tagen Tischtennis von morgens bis abends garniert mit zwei Nächten Spielerparty bis zum Morgengrauen im Alpenmax hat er es wieder einmal geschafft: Auch das 10. Nina-Hess-Gedächtnisturnier hat zufriedene Spieler zurückgelassen. "Wir hatten diesmal auch viele gute
Helfer", weiß Boldt. Erneut ist es dem GSV gelungen, die magische Zahl von 500 Teilnehmern zu überspringen. 525 waren es diesmal. Und noch eines begeistert den Veranstalter: "Es sind weitaus mehr Zuschauer zu den Spielen gekommen. "Das ist sehr, sehr erfreulich", sagt Jürgen Boldt.
Und ebenso erfreulich für ihn verlief auch der sportliche Wettbewerb. Als persönliches Schmankerl startete der GSV-Spieler mit Torben Wosik im Doppel.
Rang drei sprang in der Herren-S heraus. Mit dem Watzenborner Sada Karaca durfte ein weiterer heimischer Spieler im Doppel mit Thomas Keinath antreten. Diese Paarung kam in der Herren-A sogar zum Sieg. Die Stars zum Anfassen gibt es beim GSV-Turnier eben nicht nur am Würstchen-Grill, sondern auch an der Platte.