Oliver Buckolt
 vom 14.05.2003  

 

"Mein Traum sind die Olympischen Spiele"

Für Tischtennis-Nationalspieler Torben Wosik schlug erst vor wenigen Wochen die Sternstunde seiner sportlichen Laufbahn: Bei den Europameisterschaften im italienischen Courmayeur wurde der 29-jährige Linkshänder, der in Doppelfunktion Spieler und Manager beim Bundesligaclub
TTC Frickenhausen ist, Vize-Europameister im Herren-Einzel. Der sympathische
Sportler mit dem markanten Vorhand-Topspin war am Wochenende der Star beim vom Gießener SV veranstalteten 10. Nina-Heß-Gedächtnisturnier, das in der Großsporthalle in Gießen-Wieseck ausgetragen wurde.


Herr Wosik, mit dem überraschenden Gewinn der Silbermedaille im Herren-Einzel bei der EM in Courmayeur haben Sie im April EM-Geschichte geschrieben. Was hat Sie im Verlauf des Turniers so stark gemacht?

Wosik: Vor allem hatte ich viel Spaß am Spiel. In der Bundesliga hatte ich nach einer Verletzung nicht das Vertrauen des Trainers Sönke Geil, so dass ich trotz international guter Ergebnisse kaum gespielt habe. Beim 0:3-Rückstand gegen Zoran Primorac hat mich Bundestrainer Istvan Korpa psychologisch hervorragend eingestellt. Im Laufe des Turniers habe ich mich immer mehr reingesteigert, und damit wurde alles zu einem Selbstläufer. In Courmayeur waren zwar wenige Zuschauer, dafür sorgten aber viele Deutsche für eine gute Atmosphäre. Privat erhielt ich außerdem sehr viel Rückhalt.

Wie war Ihr Gefühl, als sie im Halbfinale gegen Jörg Roßkopf antreten mussten?

Wosik: Es war ein komisches Gefühl. Wir waren während des Turniers Zimmernachbarn und deshalb fast ständig auf den Zimmern zusammen. Dann standen wir uns plötzlich im EM-Halbfinale gegenüber. Es war ein besonderes Spiel, weil wir beide auch um einen Platz für die Olympischen Spiele kämpfen. Allerdings waren wir beide im Spiel weniger emotional als sonst.
"Rossi" zeigte mir gegenüber vor meinem Finale Teamgeist und unterstützte mich positiv.

Welche Auswirkungen hatte der Erfolg für Sie? Wie kann der Erfolg vermarktet
werden und die Attraktivität von Tischtennis gesteigert werden?

Wosik: Durch den Erfolg entstand eine positive Medienwirkung und mein Bekanntheitsgrad ist gestiegen. Ich werde öfter von Leuten beispielsweise im Café erkannt und auch angesprochen. Für den Tischtennissport ist eine stärkere Außendarstellung notwendig; eine Vermarktung kann meist gut über persönliche Kontakte erreicht werden. Bei Turnieren und in der Bundesliga muss es mehr
Rahmenprogramm und Unterhaltung geben, um auch mehr Zuschauer zu gewinnen. Das wollen auch die meisten Spieler.

Was halten Sie in diesem Zusammenhang von den Regeländerungen (11er-Zählweise und neue Aufschlagregel)?

Wosik: Die Einführung der 11er-Zählweise ist im Leistungssport positiv, weil die Spiele spannender werden. Man sollte nun nicht ­ wie diskutiert wurde ­ zur "21" zurückkehren; das wäre ein Fehler. Wegen der neuen Aufschlagregel gibt es einige Probleme. Vor allem in den unteren Klassen ist die Regel sicherlich problematisch, weil es dort keine Schiedsrichter gibt.

In welcher Mannschaft werden Sie in der nächsten Saison spielen?

Wosik: Ich bin in der nächsten Saison weiterhin beim TTC Frickenhausen unter Vertrag.
Die Doppelfunktion als Spieler und Manager (ich bin verantwortlich für den Spielerbereich) ist zwar stressig, aber lässt sich bisher noch vereinbaren.

Welche Plazierung erwarten Sie mit dem Verein in der neuen Saison?

Wosik: Wir sind in der kommenden Saison vom Papier her nicht ganz so stark wie in der vergangenen Saison. Es gibt bestimmt drei oder vier besser besetzte Mannschaften in der Bundesliga. Daher ist nicht klar, ob wir einen Play-Off-Platz erreichen werden.

Sie sind in der aktuellen Weltrangliste an Position 25 geführt und damit derzeit nach Timo Boll der zweitbeste Deutsche. Welche Ziele haben Sie bei der in wenigen Tagen stattfindenden Weltmeisterschaft in Paris?

Wosik: Auf diese Frage antworte ich wie vor der EM: Ich setze mir kein bestimmtes
Platzierungsziel Vielmehr will ich die direkte Qualifikation für Olympia 2004 schaffen, wofür sich nur zwei Spieler pro Land direkt qualifizieren. Wahrscheinlich werden dies neben Timo Boll "Rossi" oder ich sein. Deshalb wird der Konkurrenzdruck groß sein. Mein Traum ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen.

Was sind Ihre Hobbys, sofern Sie dazu noch Zeit haben?

Wosik: Ich spiele gerne Tennis und mache viel Fitness oder ich relaxe einfach.

Welche Pläne haben Sie in den nächsten Jahren?

Wosik: Falls ich nicht mehr weiter in Frickenhausen spiele, könnte ich mir vorstellen, in den nächsten Jahren eventuell im Ausland, in China, zu spielen. Finanziell steht man dort eher besser und man hat vor allem weniger Termine.

Was gefällt Ihnen am Nina-Heß-Turnier? Weshalb sind Sie wieder nach Gießen
gekommen?

Wosik: Es ist meine dritte Teilnahme an diesem Turnier. Bei meiner ersten Teilnahme waren Timo Boll und Peter Franz hier, was mich auch nach Gießen gelockt hat. Das Turnier liegt zeitlich für mich sehr günstig, und ich habe außerdem auch einen guten Kontakt zum Organisator Jürgen Boldt.

 


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