Nach zahlreichen Telefonaten „mit unglaublich schlechter Qualität“ traf Erbe Prince Kaitongi 2017 bei den Titelkämpfen in Düsseldorf. Damals arbeitete der Ehringshäuser, der heute in Aßlar lebt, für eine Sportagentur, die Tischtennis-Veranstaltungen organisierte. 25 solch großer Turniere, darunter eben auch Welt- und Europameisterschaften, hat Erbe zwischen 2008 und 2017 mitverantwortlich betreut. Eine aufregende Zeit. Seit drei Jahren nimmt der Mann, der im Juli seinen 40. Geburtstag feiert, die hauptamtliche Stelle des Bereichsleiters und Vizepräsidenten des Hessischen Tischtennis-Verbandes ein und arbeitet in der Geschäftsstelle in Watzenborn-Steinberg.
An die Zeit bei der Tischtennis-Marketing GmbH, die in Karben residiert, denkt er gerne zurück. Beispielsweise an indische Spieler, die stundenlang vor der Anmeldestelle saßen, weil sie das Startgeld nicht aufbringen konnten oder mochten. „Das war kulturell einfach spannend, so viele Menschen aus unterschiedlichen Nationen kennenzulernen“, erzählt Erbe. „Manche begannen dann, um das Startgeld oder die Übernachtungskosten zu feilschen.“ Viele Tage verbrachte der aktive Spieler des TSV Lützellinden, der bei seinem Ehringshäuser Heimatverein noch dazu im Vorstand sitzt, bei Tischtennis-Großveranstaltungen. Er kümmerte sich um die Veranstaltungswerbung, Akkreditierungen, Essen und Übernachtungen.
Um jedwede Organisation eben. Medienwissenschaft mit dem Schwerpunkt Marketing hatte er zuvor an der Uni Siegen studiert und stieg danach direkt in den großen Sportbetrieb ein. „Klar gab es immer auch Kollegen, die sich um die Stars gedrängt haben. Das war aber nie meine Sache. Auch wenn ich mir Turnierspiele angeschaut habe, mochte ich die auf dem mittleren Level lieber, weil es dabei mehr Ballwechsel als in der Weltspitze gibt.“ Neun Jahre lang verbrachte er viele Tage auf großen Turnieren. Am Ende vielleicht zu viele Tage. Da der Ehemann einer Lehrerin damals in Watzenborn-Steinberg wohnte, besuchte er des Öfteren die HTTV-Geschäftsstelle. Der Kontakt war geknüpft.
Fast schon folgerichtig kam 2017 die Anfrage, ob er sich einen Wechsel zum Verband vorstellen könnte. Er konnte. Gut sogar. Und so nahm er das Jobangebot gerne an, obwohl er kurze Zeit später von Watzenborn-Steinberg nach Aßlar zog.
Seinen „Einstieg“ beim Verband feierte er mit der Austragung der Deutschen Meisterschaft 2017 in Wetzlar. Und konnte hier auch gleich das einbringen, was er als seine Stärke bezeichnet. „Organisieren, das kann ich, das macht mir Spaß.“ Und so half Erbe gleich mit, dass auch die zweiten nationalen Titelkämpfe in Wetzlar zu einem großen Erfolg wurden. „Insgesamt kamen an drei Tagen 8500 Zuschauer in die Rittal-Arena. Darum beneiden uns viele andere Standorte.“
Aber auch abseits der größeren Bühnen gibt es viel zu organisieren beim HTTV. 23 Kreise müssen unter einen Hut gebracht werden. Die Verbandszeitschrift Plopp will gestaltet und vermarktet werden. Die Homepage gehört mit zu den Aufgabenbereichen des Trios Ingrid Hoos, Tobias Senst und eben Erbe, das in Watzenborn arbeitet. „Langweilig“, sagt der Vater einer vierjährigen Tochter, „wird mir nicht.“ Und langweilig wird es auch keinem Zuhörer, wenn Erbe seinem Tischtennis-Enthusiasmus freien Lauf lässt. Da folgen die Arbeits- und teils Problemfelder wie verbale Schmetterbälle. „Strukturveränderung“ ist einer dieser Bälle, den der begeisterte Sportler ausspielt. Die Jugendarbeit muss bei vielen Vereinen verbessert werden. Man muss sich dort auch über Beitragserhöhungen Gedanken machen, wenn mehr Trainer eingesetzt werden wollen. Die Satzungen und Ordnungen müssen überarbeitet werden. Wenn Erbe mit dem Schläger so gut kontert wie er verbale Gedankenspiele und Planungen vorantreibt, müsste er eigentlich höher als Bezirksklasse spielen („Ich kann viele Ballsportarten so ein wenig. Aber nichts richtig gut.“). Dem hessischen Tischtennis kann dieser Enthusiasmus nur guttun. Und in der Corona-Krise zeigte der frühere Fußballer des FSV Dillheim eine weitere Stärke. Im Gegensatz zu einigen anderen Sportarten kommunizierte der HTTV seine Überlegungen, Planungen und Entscheidungen völlig transparent. Erbe wurde auf der Homepage zum Kommunikator der Krise.
Die Tischtennis-Verbände erhielten viel Lob für ihre schnelle Entscheidung, die Saison abzubrechen, für ihre Ideen bei der Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs und die Planungen für einen möglichen Runden-Neustart. Mittendrin: Dennis Erbe. „Plötzlich hatten wir täglich Videokonferenzen, wo es vorher nur mal unregelmäßige Gespräche zwischen den einzelnen Verbänden gab. Die Kommunikation ist jetzt viel besser geworden“, berichtet er. Und gibt auch einen Ausblick auf die Zukunft: „Die kommende Saison wird mit ziemlicher Sicherheit ohne Doppel gespielt.“
Langfristig wird sich der Tischtennis-Bereich wohl auch komplett von Sechser- auf Vierer-Teams umstellen. „Wir haben bei einer Umfrage festgestellt, dass sich fast 70 Prozent der Vereine Vierer-Mannschaften wünschen“, so der HTTV-Vizepräsident. Künftig wird sich also im Tischtennis-Bereich manches ändern. Dass es sich zum Guten ändert, dafür will mit Dennis Erbe ein echter Mittelhesse sorgen.
ZUR PERSON
Dennis Erbe feiert am 26. Juli seinen 40. Geburtstag. Der Ehringshäuser studiert nach dem Abitur in Siegen Kommunikationswissenschaften mit dem Schwerpunkt Marketing. Von 2008 bis 2017 arbeitet er für die TT-Marketing GmbH in Karben. Seit 2017 ist er hauptamtlicher Bereichsleiter und Vizepräsident des HTTV. Mit seiner Frau und der vierjährigen Tochter wohnt Erbe in Aßlar. Tischtennis spielt er beim Bezirksklassen-Aufsteiger TSV Lützellinden.