Was sich Ingrid Hoos ans Revers heften kann. Weil bei ihr in der Geschäftsstelle des Hessischen Tischtennis-Verbandes (HTTV) im Pohlheimer Stadtteil Watzenborn-Steinberg alle Fäden zusammenliefen. Weil sie rund um die Uhr für alle – Sportler, Trainer, Funktionäre und Fans – erreichbar war. Weil sie als guter Geist des Büros für jeden ein offenes Ohr hatte. „Weil sie“, wie es Thomas Weikert, vor sieben Jahren noch Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) und inzwischen Chef des weltgrößten Sportverbandes ITTF, unlängst formulierte, „ein Arbeitstier ist, ohne großes Aufsehen um ihre eigene Person zu machen.“ Was ihr 2014 jedoch schwer zusetzte. „Die Belastungsgrenze für mich, aber auch für meine Mitstreiter im Büro, war damals erreicht, ja überschritten. Ich habe mich gefühlt wie halbtot.“
(Bild HTTV)
Ende März geht Ingrid Hoos nun in den Ruhestand, offiziell jedenfalls. Auf Stundenbasis, sie nennt es „Mini-Job“, wird sie für den HTTV weiter tätig sein. Ihr Ehrenamt als Vizepräsidentin Sport, und damit als Schnittstelle zwischen dem Nachwuchs und den Aktiven mit besten Verbindungen ins Ministerium und zum Landessportbund, möchte sie noch eine Weile ausüben und beim nächsten Verbandstag, der in Zeiten der Pandemie noch nicht terminiert ist, wiedergewählt werden. Was kein Problem sein wird. Denn in der Tischtennisszene hat sich die Mutter zweier erwachsener Töchter (44, 42) in den vergangenen rund drei Jahrzehnten einen Namen gemacht. Einen richtig guten sogar.
Stetiger Aufstieg
Dabei kam die zweifache Oma, die die rund 60 Kilometer von ihrem Wohnort Kirchhain im Landkreis Marburg-Biedenkopf nach Watzenborn ab 6 Uhr morgens zurücklegt, eher ein wenig zufällig in Amt und Würden. „Mein Vater hat sich beim TTC Kirchhain schon immer sehr engagiert. Deshalb war ich mit ihm immer in der Halle und habe als Zehnjährige schon in der Turnierleitung geholfen.“ Für den TTC Anzefahr, für den auch ihr heutiger Mann Jürgen Hofacker lange aktiv war, spielte sie bis in der Verbandsliga, hörte 1995 aber auf, da ihr ein Tennisarm zu schaffen machte.
Zu dieser Zeit war sie bereits Kreis- und Bezirksjugendwartin, später wurde sie Verbandsjugendwartin. HTTV-Präsidentin Anke Schreiber holte Ingrid Hoos schließlich 2001 in die Geschäftsstelle, damit sie den damaligen Geschäftsführer Karl-Heinz Schäfer unterstützen sollte. „Und immer, wenn er eine neue Aufgabe antrat, habe ich seine alte übernommen“, erinnert sich Ingrid Hoos, die seit dem 1. Januar 2000 bis heute HTTV-Vizepräsidentin Sport ist und diesen Posten lediglich zwischen 2009 und 2012 ruhen ließ.
In dieser Funktion ist die Italien-Liebhaberin und begeisterte Köchin, die auch Lesen, Gartenarbeit, Radfahren und Walken, „aber natürlich ohne Stöcke“, als ihre Hobbys nennt, die Vorgesetzte der Verbands- und Honorartrainer. Bis zu seinem Weggang 2014 arbeitete sie deshalb stets eng mit Timo-Boll-Entdecker Helmut Hampl zusammen. Nun hat diese Aufgabe Tobias Beck, einst Spieler des TTV Gönnern, übernommen, den Ingrid Hoos nach Kräften unterstützt. „Immer mit dem Ziel, den HTTV-Nachwuchs zu fördern und den Bundesstützpunkt in Frankfurt zu erhalten.“
„Ingrid ist bundesweit hoch angesehen“, lobt HTTV-Präsident Andreas Hein seine Stellvertreterin, die offiziellen Mitglied des TTC Eintracht Burgholz-Kirchhain ist. „Ich würde mir wünschen, es gäbe noch mehr Frauen ihrer Klasse in Spitzenpositionen.“ Wie die Aufgaben in Watzenborn künftig ein wenig umverteilt werden, wird er mit Dennis Erbe und Tobias Senst, den beiden anderen Mitstreitern in der Geschäftsstelle, besprechen. Und sich vielleicht an Trude Herrs Evergreen „Niemals geht man so ganz“ erinnern, wenn Mini-Jobberin Ingrid Hoos auch künftig ab und zu in den HTTV-Räumlichkeiten auftaucht.