Inspiration für die heutige „Bühne“ist ausnahmsweise mal Facebook. Als eigentliche Bedeutung für „Wir sehen uns nächsten Dienstag im Training“ nach Vorrunden-Ende wurde da angegeben: „Wir sehen uns 30 Minuten vor dem ersten Rückrundenspiel“. Nicht ganz unzutreffend, weshalb wir uns heute weiteren Wahrheiten des feinfühligen Rückschlagsports widmen möchten. Diese sind allesamt unumstößlich und selbstverständlich mit dem nötigen Ernst zu verinnerlichen!
Begrüßung:
Schon lange bevor die ersten Bälle um Punkte ausgespielt werden, gilt es auch bei der Mannschaftsbegrüßung, genau zuzuhören. „Wir begrüßen euch im schönen Musterrod“ ist gleichzusetzen mit blankem Dorfpatriotismus und bösartiger Herabsetzung der Herkunft des Gegners. „Schade, dass es mit dem Verlegen nicht geklappt hat“, kann nur heißen, dass man völlig geladen diesen unsympathischen Idioten gegenübersteht, die partout nicht bereit waren, die Spielansetzung umzuplanen. „Wir sehen, dass ihr komplett seid“, kann man dagegen getrost mit „Mist, unsere Siegchancen sind deutlich geringer als erwartet und wir haben deshalb ein bisschen Angst vor dem Spielverlauf“ umdeuten. Mehr Beispiele? „Wir konnten als Ersatz zum Glück auf Peter zurückgreifen“ soll dafür sorgen, dass den Gegnern die Beine schlottern, wenn sie gegen den unbekannten Aushelfenden antreten. Und es schmeichelt ebendiesem Peter, der schon tags drauf wieder gefragt werden wird, ob er eventuell und bestimmt zum letzten Mal noch mal – sicher kurz! – aushelfen könnte, auch wenn der Spielort 70 Kilometer entfernt ist und auf 1.200 Metern Höhe liegt. Hat man fünf fitte Mittdreißiger und einen 95-Jährigen vor sich, ist nicht selten etwas wie „Und heute sind wir froh, unseren Karl-Hermann mit dabei zu haben, auf den sich der Verein in jeder Situation verlassen kann“, zu hören. Heißt so viel wie: „Ich habe in den letzten drei Tagen verzweifelt 37 Leute angerufen, die in unserem Ort irgendwann mal einen Schläger in der Hand gehabt haben. Ganz unten auf der Liste geistert noch der Karl-Herrmann rum. Wir könnten euch auch den Doppelpunkt und zwei Einzelpunkte schenken, haben aber insgeheim gehofft, dass ihr vielleicht nur zu fünft spielt und wir dann zwei Punkte für nix bekommen hätten. Daher bleibt uns jetzt nichts anderes übrig, als zumindest Karl-Herrmanns Zuverlässigkeit zu loben, bevor er später gnadenlos abgeschossen wird – 1969 war die Bezirksoberliga noch etwas schwächer, wird er später resümieren.“
Vor dem Spiel:
Vor einem Einzel gibt man sich im Tischtennis die Hand und sagt in der Regel auch etwas Kurzes. „Gutes Spiel“ ist der neutrale Klassiker. „Ich habe noch keine Vorurteile entwickelt und treffe das erste Mal auf dich“. Interessanter wird es dann schon mit „Viel Spaß“. Das nämlich legt direkt nahe, dass der Gegner vom eigenen Sieg ausgeht: „Ich habe großes Selbstvertrauen und du darfst ein wenig mitspielen“. Nur wenn der Gegner recht alt ist und humpelt, ist die Bedeutung anders: „Ich suggeriere, dass es ja fast schon unverschämt ist, ernsthaft motiviert gegen mich zu spielen, da ich mich ja offensichtlich nicht bewegen kann. Dafür kannst du zwar nichts und ich spiele seit 14 Jahren mit den gleichen Beschwerden, aber du sollst dich in Sicherheit wiegen, damit ich, falls es doch eng wird, mental den psychologischen Vorteil habe. Und wenn ich doch klar verliere, hast du keinen Spaß dran.“
Nach dem Spiel:
Spät am Abend ist dann der Höhepunkt der Heuchelei erreicht. „Keine Ahnung, warum ihr bisher noch keinen einzigen Punkt geholt habt, ihr seid eigentlich so stark“. Ehrlicher wäre es, zu sagen: „Ich kenne euch und finde euch nicht gänzlich unsympathisch und vielleicht gebt ihr nach dem Spiel sogar eine Runde Getränke aus, außerdem leidet ihr in dieser Saison schon genug, als dass ich da jetzt nachtreten müsste. Mit etwas Stärkung der Seele geht ihr vielleicht glücklicher nach Hause, als es das Ergebnis vermuten lässt. „Kommt gut nach Hause“, lautet dann oft die Antwort. „Ihr hattet nur Glück und wart unsportlich, hoffentlich gibt es Eisregen“, versteckt sich als Wahrheit hinter dieser beliebten Floskel. Immer.